Politik

Pulse of Europa - eine Bewegung für eine solidarische Gemeinschaft

Bürger für Europa


#PulseOfEurope, Königsplatz Kassel (Quelle: heldmann.photography)
Bürger versammeln sich hinter der EU-Flagge
(Quelle: heldmann.photography)
GDN - Am Anfang stand eine Idee. Die Idee zweier Frankfurter Bürger, die spätestens nach der Wahl von Trump zum US-Präsidenten meinten, die bislang eher schweigende Mehrheit in Deutschland müsse ihre Stimme erklingen lassen. Für Europa, für Demokratie und für eine Gemeinschaft: “Pulse of Europe“.
Ein Herz für Europa
Quelle: heldmann.photography
Für manche war die europäische Idee schon längst nur noch ein zu einem bürokratischen Monster verkommenes Relikt vergangener Zeiten. Völkisch-nationale Bestrebungen in vielen europäischen Staaten und zuletzt der “Brexit“ schienen das zu bestätigen. Dazu kamen die längst abgeschafft schienenden Grenzkontrollen, die wieder eingeführt wurden, um Schutzsuchende aus Asien oder Afrika von der Einreise abzuhalten. Auch der Euro, einst ein Ausdruck einer gemeinsamen Finanzwirtschaft, verlor im Verhältnis zu nostalgisch verbrämten Währungen wie Mark, Lira oder Peseta an Charme. Das EU-Parlament und die Kommission erscheinen so weit von den Bürgern entfernt, wie der Mars von der Erde.
Hunderte demonstrieren für Europa
Quelle: heldmann.photography
Doch Europa ist viel mehr. Vor allem ist die Idee ein gewaltiges Friedensprojekt, als solches zu Recht einst mit dem entsprechenden Nobelpreis gewürdigt. Wenn es in den letzten siebzig Jahren in Europa bewaffnete Konflikte gegeben hat, waren sie immer nationalistischen Bestrebungen zuzuschreiben. Das gilt für lokale Auseinandersetzungen wie die Autonomiekämpfe im Baskenland wie auch für regionale Kriege wie auf dem Balkan. Überall dort, wo die Idee einer gemeinsamen Entwicklung gepflegt wurde, wurden Auseinandersetzungen mit anderen, demokratischen Mitteln ausgetragen.
Für mehr Europa
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Die EU-Menschenrechtskonvention ist ein Beispiel für eine durch Humanismus und Freiheit geprägte Deklaration. Aber wenn Politiker, die sie eigentlich gegen alle einschränkenden Bestrebungen verteidigen müssten, selbst mit schlechten Beispiel vorangehen, muss sich niemand wundern, dass dieses Europa von vielen nicht ernstgenommen wird. Anstatt Menschen aus dem einst von Europäern ausgeplünderten Afrika Schutz vor Verfolgung, Hunger und Armut zu geben, werden Einreiseländer wie Italien, Spanien oder Griechenland allein gelassen. Statt innereuropäische Solidarität zu zeigen, werden Grenzen verrammelt. Ein Vierteljahrhundert nach Fall von Mauer und Stacheldraht werden neue, noch höhere Mauern gebaut und neuer, noch undurchdringlicher Stacheldraht quer durch Europa gezogen. Statt den Schutzsuchenden dort zu helfen, wohin es sie verschlagen haben, werden sie nach einem unsinnigen “Dublin-Abkommen“ dorthin zurück gezwungen, wo sie Europa das erste Mal betreten haben.
Die Mehrheit schweigt nicht mehr
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Und doch, oder gerade deshalb, hat sich eine neue Bürgerbewegung entwickelt, die ein anderes, ein menschwürdiges, freies und starkes Europa der Völker will. “Pulse of Europe“ nennt sich diese Bewegung - Europas Pulsschlag. Ganz leise schlägt er schon seit einigen Monaten. Die Idee hatte das Frankfurter Ehepaar Röder. Über soziale Netzwerke riefen sie dazu, an einem Sonntagnachmittag um 14 Uhr in Frankfurt auf dem Goetheplatz die Stimme für ein vereintes, demokratisches Europa zu erheben. “Wir wollen“, heißt es auf der Homepage der Bewegung, “ein Europa, in dem die Achtung der Menschwürde, die Rechtsstaatlichkeit, freiheitliches Denken und Handeln, Toleranz und Respekt selbstverständliche Grundlage des Gemeinwesens sind!“ Und weiter: “Wir sind überzeugt, dass die Mehrzahl der Menschen an die Grundidee der Europäischen Union und ihre Reformierbarkeit und Weiterentwicklung glaubt und sie nicht nationalistischen Tendenzen opfern möchte. Es geht um nichts Geringeres als die Bewahrung eines Bündnisses zur Sicherung des Friedens und zur Gewährleistung von individueller Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit. Leider sind aber in der Öffentlichkeit vor allem die destruktiven und zerstörerischen Stimmen zu hören! Deshalb: Lasst uns lauter und sichtbarer werden! Wir alle müssen jetzt positive Energie aussenden, die den aktuellen Tendenzen entgegenwirkt. Der europäische Pulsschlag soll allenthalben wieder spürbar werden!“
Blijf bij ons
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Er wird von Woche zu Woche spürbarer, lauter. In Frankfurt sind es weit über eintausend Menschen, die sich Sonntag für Sonntag mit der blauen Europafahne mit den zwölf gelben Sternen und Luftballons hinter dem “#PulseOfEurope“-Banner versammeln. Das aktuelle Ziel sind erst einmal die Wahlen am 15. März in den Niederlanden. “Blijf bij ons“ lautet die Bitte an die Wählerinnen und Wähler in unserem westlichen Nachbarland. Das Ziel sei, “bis zum und am 12. März 2017, dem letzten Sonntag vor den Wahlen in den Niederlanden, so viele Menschen wie möglich in Europa zu versammeln, die für Europa einstehen und so dazu beitragen, dass nach den Wahlen pro-europäische Kräfte mehrheitsfähig regieren können.“
MdEP Marina Werner (re.)
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Inzwischen hat sich die Pro-Europa-Bewegung auf ganz Deutschland, die Niederlande, Frankreich und sogar England ausgeweitete. In Deutschland kommen jede Woche neue Städte hinzu, von Freiburg und Passau im Süden, Hamburg im Norden, Essen im Westen und Dresden und Leipzig im Osten. In Kassel, wo die Bilder zu diesem Text entstanden, fanden die “#PulseOfEurope“-Versammlungen inzwischen vier Mal statt. Von anfangs weniger als einhundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat sich die Zahl kontinuierlich auf zuletzt über 400 erhöht. Regelmäßig ist darunter auch die Europaabgeordnete Martina Werner zu sehen. Die Reden halten jedoch meist andere, nämlich die Organisatorinnen ohne Amt und Funktion, denen es vor allem um eines geht: Ein lebendiges Europa.
Alles Altersgruppen sind zu sehen
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Der Ablauf ist immer ähnlich. Ein paar kurze Reden und Statements, gemeinsam gesungene Lieder und das “offene Mikrofon“. Das ist jedes Mal besonders eindrücklich, etwa, wenn Jugendliche erzählen, was sie mit Europa verbinden. Oder wenn die Achtzigjährige, die noch erlebt hat, wie Europa in Flammen stand, eindringlich an die Friedenssehnsucht appelliert. Oder der Fünfzigjährige, der mit EWG nicht die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, den EU-Vorgänger, verbindet, sondern die Eurovisionsfanfare vor Kulenkampffs “Einer Wird Gewinnen“. Sie alle eint die Überzeugung, dass die Zukunft nicht in einem “Wer-auch-immer first“-Nationalismus liegt, sondern in einem solidarischen Miteinander der rund 500 Millionen Menschen in den europäischen Staaten unter dem Dach der EU.
Demonstrieren mit Freu(n)den
Quelle: heldmann.photography
Der Weg ist noch längst nicht zu Ende. Im April stehen die Wahlen in Frankreich an, auch dort gehört eine Europagegnerin zu den Wahlfavoriten. Im September bei den Bundestagswahlen sind es die völkisch-nationalen Europafeinde, die sich frech als Alternative bezeichnen. Es bleiben noch viele Sonntage, an denen es gilt, Europaflagge zu zeigen und mit der gemeinsam gesungenen Hymne “Freude schöner Götterfunken“ zu zeigen, dass unser Europa ein lebendiger, fröhlicher Ort ist.
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