Vermischtes

Die Wiener Punks, die sie gerufen haben, wurden sie nicht mehr los

A-Pizzeria unverhältnismäßig geräumt


Machtdemonstration der Polizei (Quelle: Roland Kreisel)
GDN - Für eine Gruppe von Wiener Punks ist der Traum vom mietfreien wohnen zu Ende geträumt, denn die von den Punks “besetzte“ sogenannte A-Pizzeria wurde, am 28.07.2014, von einem Sondereinsatzkommando der Polizei mit einem unverhältnismäßigen Polizeiaufgebot geräumt.
Die Vorgeschichte
Anrainer des Hauses in der Mühlfeldgasse 12, im 2. Wiener Gemeindebezirk, mit denen wir ins Gespräch gekommen sind, erzählten uns die ganze Geschichte; Im Jahr 2011 hatten die Eigentümer des Hauses in der Mühlfeldgasse 12, die Idee das Haus sanieren oder abzureißen zu lassen. Ziel war es die neuen Wohnungen dann, natürlich den aktuellen und weit höheren Mietpreisen entsprechend angepasst, neu zu vermieten. Dafür mussten sie aber erst die Altmieter loswerden. Viele der Altmieter gingen mehr oder weniger freiwillig, doch etwa 3 Altmieter wollten einfach nicht ausziehen.
Barrikaden
Quelle: Roland Kreisel
Speziell unmöglich fanden die Anrainer das Verhalten der Hauseigentümer gegenüber den Altmietern. Diese wollten die Verbliebenen, die sie nicht zum Auszug "überreden" konnten, nicht mehr ins Haus herein lassen. Dazu beauftragten die Eigentümer eine Security-Firma, deren Männer schließlich die Bewohner davon abhielten in ihre Wohnung zu gehen. Als Draufgabe wurde zudem ein Maurertrupp beauftragt, der die Eingänge zum Haus zumauern sollte. Doch die Altmieter wehrten sich und bekamen wieder Zugang zu ihren Wohnungen. Solche und ähnliche Begebenheiten seitens, verschiedener Immobilienspekulanten, soll es schon öfter gegeben haben in Wiens zweitem Bezirk, aber auch in anderen Wiener Bezirken soll so ein Vorgehen schon mehrfach der Fall gewesen sein.
Festnahme
Quelle: Roland Kreisel
Weiter so erzählten uns die Passanten, wird generell die Wohnsituation für die Bürger Wiens immer schlimmer, ungerechter und vor allem unerträglicher. Denn die Mietpreise schnallen, speziell durch Immobilienspekulanten, wie es nach Meinung der Anrainer auch die Besitzer des Hauses Mühlfeldgasse 12 sind, immer höher. Wohnen in Wien, so sagte man uns, sei schon ein Luxus den sich nicht mehr jeder leisten kann. Denn so berichteten die Anrainer, bekommt man auch nur dann eine Wohnbeihilfe, wenn man ein Einkommen von über 800.- Euro hat. Speziell ältere Leute sind besonders betroffen davon. Denn bei vielen älteren Menschen, aber auch Geringverdienern, liegt das Einkommen sehr oft unter dem geforderten Mindesteinkommen für die Wohnbeihilfe.
Wie die Punks ins Spiel kamen
Für die jungen Punks begann die Geschichte Ende 2011, als die Hausbesitzer der Mühlfeldgasse 12 einer Gruppe von Punks angeboten hat, den Winter über in ihrem Haus einzuziehen. Es wurde ein Mietvertrag auf 6 Monate abgeschlossen. Die Miete dafür war ein symbolischer Euro. Die Besitzer wollten die Punks für sich instrumentalisieren und erhofften sich dadurch, die restlichen Altmieter damit zum schnellen Auszug zu bewegen. Doch es kam ganz anders als von den Besitzern geplant.
Überall Polizei wegen 40 Leuten
Quelle: Roland Kreisel
Die Punks eröffneten die A-Pizzeria, die sich innerhalb kurzer Zeit gut etablierte und sehr oft von den verschiedensten Leuten besucht wurde. Als der Mietvertrag dann nach den 6 Monaten ausgelaufen ist, sollten die Punks das Feld wieder räumen. Doch diese solidarisierten und befreundeten sich mit den Altmietern und so beschlossen sie nun alle zu bleiben. Wie uns ausdrücklich von vielen Anrainern versichert worden ist, hatten auch diese aber größtenteils keinerlei Probleme mit ihren neuen Punk-Nachbarn. Man versicherte uns, dass dies größtenteils sehr nette Menschen seien, die genau wissen was sie wollen und dies auch artikulieren können.
Noch mehr Polizei
Quelle: Roland Kreisel
Im April 2013 verklagten schließlich die Hausbesitzer die, mittlerweile auch unerwünschten, Bewohner. Genau genommen verklagten sie den “Verein für die Nutzung leerstehender Räume“, denn mit dem hatten sie den Mietvertrag abgeschlossen. Das Ergebnis war ein Gerichtsurteil ganz nach dem Geschmack der Besitzer; Die Punks müssen wieder raus. Doch der Verein ging daraufhin in Berufung und schließlich erfolgte im Jänner 2014 die Ablehnung des Einspruchs. Damit war dann die Delogierung rechtskräftig. Vor einigen Monaten sollte das Haus dann geräumt werden, jedoch ohne Erfolg, denn der Einsatz wurde abgebrochen.
Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz
Am 28. Juli wurde das Haus schließlich von der Polizei geräumt. Doch der Einsatz war alles andere als verhältnismäßig. Im Folgenden die Eckdaten:

Dauer des Einsatzes: an die 14 Stunden

1700 Uniformierte Beamte (so wie uns an Ort und Stelle berichtet wurde), die auch aus den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark nach Wien beordert werden mussten.

Unklar ist jedoch die Anzahl der zahlreichen Zivilbeamten

Ein Polizei-Hubschrauber

Ein Polizei-Panzerfahrzeug

Wasserwerfer

Weitläufige Straßensperren

Geschäfte mussten geschlossen bleiben

Straßenbahn- und Busverkehr wurde eingestellt

Feuerwehr

Rettung

Müllabfuhr, die den entstandenen Müll wegräumen musste

Das Ergebnis: Ein paar Festgenommene jugendliche Punks
Die Müllabfuhr im Einsatz
Quelle: Roland Kreisel
Dieses ganze Aufgebot wurde für ein einziges Haus aufgestellt, in dem sich etwa 40 junge Leute aufgehalten haben, die allesamt fast alle noch Jugendliche waren. Es stellt sich die berechtigte Frage, wie man dies alles den Steuerzahlern erklären möchte, denn die müssen schließlich die Rechnung für diesen Einsatz zahlen. Über diesen Umstand beklagten sich ausnahmslos alle Personen mit denen wir gesprochen haben.
Am Rande der Absperrungen
Quelle: Roland Kreisel
Wenn man nur die Kosten dieses Einsatzes berechnet (den ersten Einsatz ausgenommen), kann man auf den Gedanken kommen, dass wenn man den 40 jugendlichen Punks ein Haus gekauft hätte, dieses mit Sicherheit weit günstiger gewesen wäre. Zwei Passanten brachten es mit kurzen Sätzen auf den Punkt: Diese Größe und Umfang dieses Einsatzes erlebt man nicht einmal bei einem Antiterroreinsatz. Eine Anrainerin sagte: “Das was die da machen, ist wie wenn man mit Kanonen auf Spatzen schießt.“
Eingeschränkte Pressefreiheit
Zudem wurde die Pressefreiheit von der Polizei weitestgehend eingeschränkt und beschnitten. Denn drei bis vier Reihen an Polizisten versperrten den Weg zum Haus. Näher kamen nur Vertreter staatsnaher Medien an das Geschehen heran. Journalisten und Reporter die für private TV und/oder Radio Redaktionen arbeiten, sowie freie Journalisten usw. wurde der nähere Zugang verweigert. Soviel zur Pressefreiheit in Österreich.
Fazit
Der Einsatz verlief im Großen und Ganzen ohne größere Ausschreitungen oder Zwischenfälle. Angeblich sollen zwei Polizisten leicht verletzt worden sein, genauso wie mindestens einer der HausbewohnerInnen.

Dennoch, alles in allem kann man bei genauem Hinsehen, diesen gewaltigen Einsatz als riesiges überzogenes Desaster bewerten. Nicht nur das der ganze Einsatz unverhältnismäßig gewesen ist, werden den Steuerzahler enorme Kosten aufgebrummt und zudem wurde die Pressefreiheit maßgebend beschnitten. Letzten Endes kam als Endergebnis nur heraus, dass eine Handvoll junger Leute verhaftet wurden.
Polizeipanzer fährt ins Haus
Quelle: Roland Kreisel
Österreichs Innenpolitik zeigte sich mit dieser übertriebenen Aktion wieder einmal von seiner “besten“ Seite. Nicht nur, dass Steuergelder unnötig verprasst worden sind, wurde auch deutlich wie man mit ein paar ausgeflippten “Jugendlichen“ umzugehen hat. Doch es stellt sich auch die Frage, welche perspektiven junge Leute in dieser Stadt wirklich noch haben. Speziell wenn sie sich durch ihre Lebensumstände keine vernünftigen Wohnungen mehr leisten können oder aber auch gleich gar keine bekommen, weil sie mit ihrem Aussehen nicht der Norm entsprechen.
Polizeikontrolle
Quelle: Roland Kreisel
Zudem wurde sehr schön ersichtlich, wie man mit freien und unabhängigen Journalisten und Medienvertretern umgeht, wenn man nicht möchte, dass einem in die “Karten“ geschaut wird. Denn anders kann man es sich nicht erklären warum gewissen Journalisten, die von bestimmten Redaktionen kamen, der nähere Zutritt gewährt wurde und anderen nicht. Jedenfalls kann man die berechtigte Vermutung in den Raum stellen, dass Pressefreiheit doch etwas anderes ist.

weitere Informationen: https://www.youtube.com/watch?v=xZIdG2DXX38&feature=youtu.be

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